Einwohnerfragestunde

Hier werden die schriftlich zu beantwortenden Fragen der Einwohnerfragestunde veröffentlicht. Mündlich in der jeweiligen Sitzung beantwortete Fragen erscheinen im jeweiligen Sitzungsprotokoll.


Einwohnerfragestunde in der Sitzung der Regionalversammlung Anhalt-Bitterfeld-Wittenberg am 21.03.2025
Frage:

In welchem Radius (km) würden 250 m hohe (Nabenhöhe) Windenergieanlagen die Sichtachse zu Wörlitz (Wörlitzer Park – Weltkulturerbe) behindern? (mehr)

Als Beispielort wurde Köselitz (ca. 15 km Luftlinie zu Wörlitz) angeführt.

Antwort:

Ob 250 m hohe Windenergieanlagen in der Umgebung eine erhebliche (mehr)

Beeinträchtigung des UNESCO-Weltkulturerbes „Gartenreich Dessau-Wörlitz“ verursachen, wird im Rahmen des Zulassungsgenehmigungsverfahrens (BImSchG-Verfahren zur Errichtung und Betrieb von Windenenergieanlagen) geprüft. Erst dann sind Höhe, Standorte und Typen der Anlagen bekannt und es kann konkret geprüft werden, ob Sichtbeziehungen von erhobenen Standorten, wie z.B. Schloss Wörlitz oder Insel Stein, in das umgebende Gelände einen Einfluss auf die Denkmaleigenschaft haben.

Aus den weit überwiegenden Flächen des Denkmalbereiches des Gartenreiches Dessau-Wörlitz sind keine Windenergieanlagen sichtbar, da sie durch Bebauung und Gehölze bzw. Wald verschattet sind. Zu bewertende Wirkungen von Windenergieanlagen ergeben sich in Richtung der Hochlagen des Flämings, da von einigen wenigen Sichtpunkten aus dem Gartenreich heraus die Sichtbarkeit von Windenergieanlagen gegeben ist.

Die Bewertung der Erheblichkeit der Beeinträchtigung der Denkmalschutzbelange ist immer im Einzelfall zu beurteilen. Es können keine festen Radien bestimmt werden, ab deren Unterschreitung generell eine Erheblichkeit auftritt. Allerdings wird eingeschätzt, dass ab einer Entfernung von 10 km vom Denkmalschutzgebiet keine Erheblichkeit der Sichtbarkeit von 250 m hohen Windenergieanlagen (Gesamthöhe) mehr festzustellen ist.

Bei der Festlegung von Vorranggebieten für die Nutzung der Windenergie im Sachlichen Teilplan „Windenergie 2027“ werden neben positiven Plankriterien auch Ausschlusskriterien verwendet, um die konfliktärmsten Flächen zu ermitteln.

Die Kern- und Pufferzone von UNESCO-Weltkulturerbestätten sind (mit Ausnahme des vorhandenen Vorranggebietes Libbesdorf/Quellendorf/Mosigkau) von der Festlegung von Vorranggebieten ausgenommen.

Innerhalb des Gartenreiches Dessau-Wörlitz existieren Sichtachsen zwischen den verschiedenen Baudenkmälern/Bestandteilen der gestalteten Gartenlandschaft. Diese Sichtachsen im Gartenreich sind aufgrund des Ausschlusses von Vorranggebieten für die Nutzung der Windenergie nicht betroffen. Sichtachsen aus der Umgebung zum Gartenreich Dessau-Wörlitz bzw. zu den Parkanlagen wurden im Denkmalrahmenplan nicht definiert.

„Windenergieanlagen (Windenergieanlagen) haben zwei verschiedenen Auswirkungen. Sie können

1. vom Denkmal aus bzw. aus dem Denkmalbereich heraus visuell wahrgenommen werden oder

2. bei einer Sicht von außen auf das Denkmal wahrgenommen werden, wie dies z. B. für

Stadt- und Ortsbilder sowie -silhouetten, Stadtteile und -viertel, Siedlungen, Gehöftgruppen, Straßenzügen, baulichen Gesamtanlagen und Einzelbauten einschließlich deren Umgebung erwartet werden kann.

Dabei spielen die besonderen historischen, funktionalen oder ästhetischen Beziehungen eine bestimmende Rolle.

Daraus folgt, dass Sichtbarkeit nicht unmittelbar zur Erheblichkeit führt. Zu unterscheiden ist die Sichtbarkeit in Denkmalbereichen außerhalb historischer Gartenanlagen, die bereits durch vielfältige äußere Faktoren betroffen ist und historisch wie funktional-räumlich nicht definiert werden kann, da sie historische Landesgrenzen, die für die Abgrenzung des Denkmalbereich entscheiden sind, überschreiten sowie die Sichtbarkeit in historischen Gartenanlagen, in denen historische, funktionale und ästhetische Beziehungen bestehen. Die Sichtbarkeit unterliegt den Aspekten

1. der besonderen historischen, funktionalen oder ästhetischen Beziehung zum Denkmal, die verständlicher Weise dann signifikant ist, wenn historische Sichtbeziehungen, die konstituierend für das Denkmal sind oder über eine Flächenschwelle des Gesamtbereichs hinweggehen, betroffen sind oder

2. der Maßstäblichkeit und visuelle Wirkung, wenn die Sichtbarkeit der Anlagen eine Schwelle überschreitet, die zu einer Dominanz führt.“ (REICHHOFF 20221)

Da nicht automatisch die Sichtbarkeit von Windenergieanlagen eine Erheblichkeit der Auswirkungen auf das Denkmal bewirkt, müssen Kriterien für deren Bestimmung verwendet werden. Nach REICHHOFF werden „Für die Bewertung der Erheblichkeit der visuellen Wirkung von Windenergieanlagen auf Welterbegebiete (und historische Gartenanlagen) mit den dort sich konzentrierenden Sichtbeziehungen … die Kriterien

  • Maßstäblichkeit,
  • Dominanz,
  • Abstand und
  • Höhe

von Windenergieanlagen vorgeschlagen. Dabei handelt es sich um die Bewertung visueller Beeinträchtigungen im Sinne der Sichtbarkeit von Windenergieanlagen von Sichtpunkten aus den historischen Gartenanlagen. In diesen Fällen sind also keine Sichtbeziehungen im Sinne gestalteter Achsen betroffen, sondern sich aus der örtlichen Situation ergebende Landschaftsbilder. Solche Sichtbarkeiten sind typisch für offene Landschaften, in denen keine Verschattung der Windenergieanlagen durch Strukturen im Vorder- und Mittelgrund erfolgen.“

Wichtig bei der Beurteilung ist die Beeinträchtigung des außergewöhnlichen universellen Wertes von Welterbestätten. Dafür müssen konkrete Beschreibungen dieses Wertes durch die Denkmalschutzbehörden erfolgen. Nach Vorliegen des 1. Entwurfes des Sachlichen Teilplans „Windenergie 2027“ werden die Behörden eine Stellungnahme zur Vorbereitung der Abwägungsentscheidung durch die Regionalversammlung einreichen.

1 Reichhoff, K., Reichhoff, Dr. L., et al. Erarbeitung eines Diskussionspapiers zur Öffnung von Restriktionen durch die Denkmalpflege für den Ausbau regenerativer Energien. Dessau-Roßlau 2022.